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Inspirationen aus der Pflanzenwelt

War die künstlerische Beziehung zwischen Europa und Amerika bisher eine Einbahnstraße zugunsten Europas gewesen, so veränderte Tiffany die Richtung. Niemand Geringerer als der Generaldirektor der Berliner Museen, Wilhelm von Bode, war überzeugt, dass gerade der Mangel an Tradition, der unbändige Pioniergeist und der Drang nach Perfektion Amerika prädestinierten, auch international als Kulturnation hervorzutreten. So gehörte Bode in Europa zu den ersten Bewunderern Tiffanys.
Museen, die bis 1900 noch keine Tiffany-Objekte erworben hatten, holten dies auf der Weltausstellung nach. Bald erwiesen rund 30 Häuser, von Paris bis St. Petersburg, von Stockholm bis Zürich, dem New Yorker Künstler ihre Reverenz.
Mit seinen Hohlgläsern betrat Tiffany Neuland. 1892 hatte er die Tiffany Glass and Decorating Company gegründet und in Corona auf Long Island eine Hütte errichtet. Hier fertigte er hochqualitative Glasmalereien und experimentierte mit mundgeblasenem Heißglas. Aus dem englischen Stourbridge angeworbene Glasbläser realisierten Gefäße von einfacher, elementarer Formgebung, die zum Teil römischen, orientalischen und fernöstlichen Vorbildern entlehnt waren. Zu den Spezialitäten der Hütte zählten von antiken Bodenfunden inspirierte Lüster- und lrisbildungen, gekämmte Fadenmuster, Pfauenfeder- und Blattdekore, Marmorierungen und Wellenmuster. Tiffany fasste seine glastechnischen Erfindungen 1894 als "Favrile"-Glas (abgeleitet aus dem altenglischen fabrilis = handgearbeitet) zusammen.
Gläser wie diese hatte die Welt noch nicht gesehen. In Europa war es üblich, ofengeformte Stücke nach dem Erkalten durch Schnitt, Schliff oder Bemalen mit Emailfarben zu veredeln. Tiffany aber lehnte die "kalten" Techniken ab, ließ alle Formen und Dekore bei der Arbeit am Ofen herstellen, was größte Geschicklichkeit erforderte. Viele Details entstanden spontan, kein Glas glich dem anderen. Trotz aller Kontrolle im Entwurf waren Tiffanys Stücke deshalb immer auch Ergebnis inspirierter Zufälle.